http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1231950833978.shtml

 

 

Kölnische Rundschau 26.01.200

 

Ein Schwarzbrot-Herz für Mechernich

Von ALICE GEMPFER, 26.01.09, 07:06h

700 Herzen für 700 Jahre Kernort Mechernich wollten einheimische Künstler gestalten. Entstanden sind daraus weit über 1000 Herzen aus Deutschland, Spanien, Italien und sogar Amerika.

MECHERNICH. Beim Betreten des Ateliers der Mechernicher Künstlerin Inge van Kann mag manchem Besucher ganz warm ums Herz werden. Und das nicht von ungefähr: Der Raum strotzt vor Herzen. Die Wände sind über und über bedeckt mit unzähligen Liebessymbolen in allen Farben und Formen, aus verschiedenen Materialien von Papier und Stoff über Stein bis hin zu Schwarzbrot, symbolisiert oder naiv gestaltet. Die meisten von ihnen auf kleinen Kärtchen, zu je Neunen auf einem Blatt zusammen gefasst, unzählige Blätter neben, unter- und übereinander.

Wie es dazu kam? Alles begann mit den Feierlichkeiten zum 700-jährigen Bestehen des Kernortes Mechernich. Zahlreiche Bürger, Vereine und andere Gruppen hatten sich eingebracht. So auch die Künstler aus der Region: Bei ihrer 28. „Ausstellung der einheimischen Künstler“ hatten sich einige Aussteller verabredet, 700 Herzen zu kreieren, jeder in seiner Technik. Entstanden sind „Herz-Werke“ von Carla Brandhold-Witschonke (Patchwork), Siggi Gobin (Malerei), Inge van Kann (Coudragen) und Ute Kühr (Stickerei).

Die Mechernicher Künstlerin und Mitinitiatorin Inge van Kann aber brachte erst richtig Schwung in die Aktion. „Mitte des Jahres kam mir die Idee, auch weltweit Künstler sowie Mechernicher Bürger an dem Projekt zu beteiligen“, berichtet sie. Van Kann startete zunächst einen Aufruf via Internet: „Ich schrieb Bekannte aus der, Mailart-Szene an und bat sie, mir ,ihre Herzen zu schicken.“ Ob der Resonanz, so die Künstlerin, sei sie selbst überrascht gewesen. Die Aktion habe sich zum Selbstläufer entwickelt: „Ich erhielt kleine Kunstwerke im für Mailart typischen Format 6,4 mal 8,8 Zentimeter aus ganz Deutschland, Europa und den USA. Viele Künstler fanden so viel Spaß an der Sache, dass sie gleich eine ganze Serie schickten.“ So auch eine Künstlerin aus Stuttgart, erzählt van Kann schmunzelnd: „Erst schickte sie ein Herz. Nachdem ich mich bedankt hatte, trudelten zwei weitere ein. Auf den erneuten Dank folgten postwendend weitere.“ Es habe ihr einfach Spaß gemacht, zitiert van Kann die Stuttgarter Textilkünstlerin. Gunter Grundmann aus München ließ sich von Mechernichs Bergmannstradition inspirieren und gestaltete Objekte mit historischen Bildern rund um das Thema. Der kurioseste Beitrag entstand nach einer Ausstellung des Euskirchener Künstlers Rüdiger Axel Westphal. Van Kann erinnert sich: „Er hatte anschließend zu sich nach Hause eingeladen. Bei einer Suppe hatten wir die verrücktesten Ideen für unsere Herz-Sammlung. Dabei entstand unter anderem von Aladar Garda eines aus Schwarzbrot.“ Abends, so die Künstlerin, habe sich das Brot auf dem Papier gewellt: „Ich habe es dann zwischen Zeitungen gepresst und mit einem alten Bügeleisen beschwert.“ Mit Haarspray konserviert, ist das Brotherz nun Bestandteil der Ausstellung. „Der fleißigste Künstler“, so van Kann, „war Peter Kremer. Er hörte gar nicht auf zu produzieren.“ 135 Herzen waren es letztlich, die der Mechernicher aus selbst geknipsten Motiven aus dem Stadtgebiet gestaltete.